Zukunft der Kollerfähre – Rechnungshof fordert Land zur Einstellung auf
Landrat Dallinger, Bürgermeister Dr. Göck und Landtagsabgeordnete des Rhein-Neckar-Kreises tauschten sich aus.
Die Finanzierung und somit der künftige Betrieb der Kollerfähre Brühl sind gefährdet. Der Rechnungshof Baden-Württemberg sieht den Betrieb der Kollerfähre als Ausflugsfähre nicht als Aufgabe des Landes an und rät dem Finanzministerium Baden-Württemberg, den Fährbetrieb nach Ablauf der bestehenden Zusagen 2020 aufzugeben. Der Rechnungshof sieht die Aufgabe des Betriebs der Kollerfähre bei den im Einzugsgebiet der Kollerinsel liegenden Kommunen. Das baden-württembergische Finanzministerium befürwortet zwar den Weiterbetrieb der Fähre aus Gründen der Historie, des Naturschutzes und der Erreichbarkeit, sieht sich rechtlich dazu aber nicht in der Pflicht und beabsichtigt daher eine finanzielle Beteiligung der kommunalen Seite zu erreichen, weil der Fährbetrieb auch der Naherholung der in der Region lebenden Menschen diene.
Diese Nachricht erreichte dieser Tage die Gemeinde Brühl und das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis im Rahmen eines Gesprächs mit Vertretern des Landesbetriebs Vermögen und Bau Baden-Württemberg.
Wie soll es mit der Kollerfähre Brühl künftig weitergehen? Auf Initiative von Bürgermeister Dr. Ralf Göck, Gemeinde Brühl, trafen sich am Freitag, 4. Oktober 2019 die Landtagsabgeordneten des Rhein-Neckar-Kreises Karl Klein (CDU), Julia Philippi (CDU), Manfred Kern (Die Grünen), Daniel Born (SPD) und Klaus-Günther Voigtmann (AfD), Landrat Stefan Dallinger, Rhein-Neckar-Kreis, sowie Vertreter der Fraktionen im Gemeinderat der Gemeinde Brühl zu einem Austausch im Brühler Rathaus.
Bürgermeister Dr. Göck skizzierte die aktuelle Auffassung des Landesrechnungshofes Baden-Württemberg, der zum Ergebnis kommt, dass das Land den Fährbetrieb 2020 einstellen sollte, weil es keine rechtliche Verpflichtung zum Weiterbetrieb gebe, der Fährbetrieb nicht wirtschaftlich sei und auch keine verkehrliche Notwendigkeit zum Weiterbetrieb gesehen werde. „Diese Meinung teilen wir nicht“, so Landrat Stefan Dallinger. „Wir gehen davon aus, dass der Vorgang bisher nur fiskalisch, jedoch nicht verkehrsrechtlich bewertet worden ist.“ Die zuständigen Fachämter der Kreisbehörde haben sich mit der Kollerfähre und ihrer Bedeutung für die Landwirtschaft, den Naturschutz, Hochwasserschutz und Tourismus umfassend beschäftigt und insbesondere die verkehrsrechtliche Bedeutung der Fähre fundamental aufgearbeitet. Somit ist die Kollerfähre für die verkehrliche Erschließung und Nutzung der Kollerinsel derzeit notwendiger Bestandteil der durchgehend befahrbaren Landesstraße (L) 630, die von Schwetzingen über Brühl zur Kollerinsel und dort bis zur Landesgrenze zwischen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz führt. Ist eine Fähre unter Übernahme der öffentlich-rechtlichen Pflicht zur Unterhaltung und zum Betrieb dem öffentlichen Verkehr gewidmet, erhält sie die Eigenschaft eines Wegebestandteils oder eines selbständigen Wegs. Der Betrieb der Kollerfähre geht zurück auf den großherzoglichen Erlass von 1834. Seit Bestehen des Landes Baden-Württemberg wurde der Fährbetrieb ununterbrochen aufrechterhalten. Nach dem bis 1945 geltenden preußischen Wegerecht ist die Fähre damit zur öffentlichen Straße geworden und fällt als Bestandteil einer Landesstraße in die Straßenbaulast des Landes Baden-Württemberg, so das Ergebnis der Prüfung der Kreisbehörde.
Zudem rücken aktuell die Bedeutung der L 630 und ihre Netzfunktion ins Blickfeld der Öffentlichkeit, weil anlässlich von Brückensanierungen in der Region zutage tritt, dass es zu wenige Rheinquerungen für den Kfz-Verkehr gibt und deren Nutzbarkeit gegenwärtig und in den nächsten Jahren durch Großbaustellen eingeschränkt ist. „Die Fährverbindung ist Teil einer Landesstraße und daher als Verbindung der westlichen Landesgrenze Baden-Württembergs mit dem Nachbarbundesland Rheinland-Pfalz nicht wegzudenken“, stellt der Bürgermeister der Gemeinde Brühl, Dr. Ralf Göck, nochmals klar. Ebenso informierte er darüber, dass die Gemeinde Brühl bereits fast eine halbe Million Euro in die Erschließung der Kollerinsel, die als Taschenpolter dem Hochwasserschutz dient, investiert hat: Insbesondere in den Parkplatz und den Strom-, Wasser- und Abwasseranschluss des Campingplatzes. „Davon gingen zwar Gutschriften aus Überzahlungen und einem Zuschuss des Landes ab“, so Dr. Göck,“ jedoch hat die Gemeinde Brühl unterm Strich 411.000 Euro in die Erschließung eines Grundstückes des Landes Baden-Württemberg einbezahlt, obwohl hierfür keinerlei Rückflüsse in die Gemeindekasse erwartet werden.“
Die Einstellung der traditionsreichen Verbindung von Brühl zur Kollerinsel über den Rhein würde darüber hinaus zwei große landwirtschaftliche Betriebe in ihrer Existenz gefährdet, die über 70 Hektar Fläche auf der Kollerinsel bewirtschaften. „Die Kollerfähre ist für Landwirtschaft und Naturschutz auf der Kollerinsel von enormer Bedeutung“, bestätigt Landwirt Erny und zwar sowohl zum Erhalt und zur Pflege der dortigen landwirtschaftlichen als auch der unter naturschutzfachlichen Gesichtspunkten zu pflegenden Flächen.
Die Landtagsabgeordneten waren sich einig: „Der Fährbetrieb der Kollerfähre Brühl muss erhalten bleiben. Ein Ende der Rheinfähre hätte äußerst negative Auswirkungen für die Gemeinde Brühl, den Rhein-Neckar-Kreis und die ganze Region. Die Fähre ist als Bestandteil der L 630 anzusehen und unterliegt damit der Straßenbaulast des Landes. Wir alle werden diese Position des Rhein-Neckar-Kreises und der Gemeinde Brühl unterstützen und das Land bitten, den Fährbetrieb von Brühl zur Kollerinsel auch für künftige Jahre zu erhalten und finanziell sicherzustellen.“
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