Menschen mit einer Lese-Rechtschreib-Schwäche machen spezielle Fehler
Ohne Laute und Silben geht es nicht. Der Lehrer sagt: „Menschen mit einer Lese-Rechtschreibschwäche machen spezielle Fehler“. Von Christine Eisenhofer.
Viele Jahre war es ein Rätsel, was die Ursache für eine Lese-Rechtschreibschwäche ist. Die Forscher waren sich nicht einig. Mittlerweile, die Legasthenie-Forschung ist über 100 Jahre alt, kennt man die Ursachen. Verantwortlich kann die Genetik sein. Verantwortlich können aber auch neurobiologische Prozesse durch eine Unteraktivierung in den für das Lesen und Schreiben zuständigen Bereichen in der linken Gehirnhälfte sein.
Auch zu Beginn des neuen Schuljahres hoffen wieder viele Eltern und Schüler auf bessere Leistungen in der Rechtschreibung – im Fach Deutsch, aber auch in den Fremdsprachen. Es werden, das kann man jetzt schon sagen, sich nicht alle Hoffnungen erfüllen. Vor allem nicht bei jenen Kindern, die zusammen mit ihren Eltern nicht aktiv etwas gegen die Schwächen unternehmen.
In der Arbeit gegen die Lese-Rechtschreibschwäche hat sich in den vergangenen Jahren viel getan. Aktuelle Forschungen stellen den einen oder anderen Förderansatz infrage, wie beispielsweise die Diplom-Pädagogin Rita Brehm in einem Beitrag für die Zeitschrift „Schule im Blickpunkt“ schreibt. Der Aspekt der visuellen und auditiven Wahrnehmung, also das Hören und Sehen, ist unbestreitbar ein wichtiger Aspekt im Lesen und Schreiben lernen. Für das Erlernen des Schreibens sind laut Brehm aber vor allem Sprachwahrnehmung und Sprachverarbeitung wichtig. Lehrer müssten berücksichtigen, dass nicht alle Schüler Worte, die sie hören, beim Schreiben in Buchstaben umwandeln können – und somit das was sie hören auch nicht oder nur unvollständig aufs Papier bringen.
Nach einer Untersuchung der Krankenkasse Barmer GEK aus dem Jahr 2012 ist etwa jedes dritte Vorschulkind in seiner Sprachentwicklung gestört. Das Fehlen der Basisfunktion Phonologische Bewusstheit hat beim Schreiben zur Folge, dass Worte als ein Sprachklang registriert werden. Silben und Laute werden also nicht unterschieden. Wenn ein Kind Laute aber nicht unterscheiden kann, weiß es auch nicht, welcher Buchstabe zu dem gesprochenen Laut gehört und kann daher Wörter nicht fehlerfrei schreiben beziehungsweise abspeichern.
Prof. Schulte-Körne, der „Legsthenie-Papst“ in Deutschland, hat in einer aktuellen Studie (veröffentlicht 2014 im Wissenschaftsjournal PLoS One) nachgewiesen, dass letztendlich nur diejenigen Fördermethoden erfolgreich sind, die zwei Dinge berücksichtigen. Zum einen die Laut-Buchstabenfolgen bei der Zerlegung und Zusammensetzung von Wörtern. Zum anderen die Aufgliederung von Wörtern in Silben. Die gleiche Erfahrung erlebe ich seit über 15 Jahren in meiner Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Lese- und/oder Rechtschreibproblemen. Denn alle Kinder machen zunächst (die gleichen) Fehler, nur Kinder mit einer Lese-Rechtschreibschwäche machen von Anfang an mehr Fehler und diese deutlich länger.
Christine Eisenhofer ist Leiterin des LOS in Schwetzingen.
Weiter Informationen unter www.LOS-Schwetzingen.de
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