Was hilft bei einer Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS) – und was nicht?
Ist es heutzutage noch erforderlich, dass Texte, Briefe, E-Mails und sonstige Formen der schriftlichen Kommunikation auf einer (weitgehend) korrekten Rechtschreibung basieren? Würde es nicht ausreichen (und damit mit weniger Mühe verbunden sein), wenn der Empfänger unserer schriftlichen Nachricht den Inhalt versteht?
Nun gelten Lesen und Schreiben – neben dem Rechnen – als die gängigen Kulturtechniken unserer zivilisierten Welt. Insofern ist die Rechtschreibung kein Selbstzweck, sondern soll jungen Menschen helfen, Texte sicher und flüssig zu lesen und zu schreiben, um sich in unserer zunehmend komplexeren Welt zurechtzufinden. Die Vermittlung dieser Kompetenz obliegt der Grundschule.
Seit mehreren Jahrzehnten streiten Wissenschaftler und Bildungspolitiker trefflich über die „richtige“ Methode beim Erlernen der Rechtschreibung. Zu den umstrittenen Methoden, mit denen Kindern in der Grundschule das Schreiben beigebracht wird, zählt „Schreiben nach Gehör“. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet diese: Die Schüler dürfen die Wörter so schreiben, wie sie diese hören (z. B. „Farat“ für „Fahrrad“). Dazu führt der Philosophieprofessor Konrad Paul Liessmann in einem Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 29. April 2014 aus, dass Schreiben, wie man spricht, ohne entsprechende Korrekturen vorzunehmen, um einer angeblichen Traumatisierung der Schüler vorzubeugen, letztendlich zum Ende der Orthografie führen wird. Auch bemängelt er den Versuch, die Lesefähigkeit durch eine drastische Vereinfachung von Texten zu steigern.
Nun gibt es sicherlich nicht die ideale Methode im Lese-Rechtschreiblernprozess (und jeder Mensch lernt bekanntlich anders), auffällig ist jedoch, dass sich die Rechtschreibkompetenz deutscher Schüler in den vergangenen Jahrzehnten permanent verschlechtert hat (dies besagt bspw. Die Längsschnittstudie von Wolfgang Steinig von der Universität Siegen, vorgestellt bei der 49. Jahrestagung des Instituts für Deutsche Sprache in Mannheim 2013). Und noch auffälliger ist die Tatsache, dass Lese-Rechtschreibprobleme bei Schülern häufig erst zu Beginn der weiterführenden Schule erkannt werden, nämlich dann, wenn diese Kompetenz (zumindest) in den sprachlichen Fächern abverlangt wird. Für sie wäre es mit Sicherheit vorteilhaft gewesen, in der Grundschule durch häufigeres und intensiveres Üben gefordert bzw. gefördert zu werden. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob Wörter im fotografischen Gedächtnis dauerhaft abgespeichert werden, wenn im Unterricht nur die Überprüfung von Schreibstrategien erfolgt (Beispiel: Schreibt man „backen“ mit „k“ oder mit „ck“?).
Lesen lernt man durch Lesen und Schreiben durch Schreiben. Diese Aussage klingt einerseits banal, erfordert andererseits jedoch eine systematische und strukturierte Vorgehensweise und bedeutet letztendlich ein hartes Stück Arbeit, insbesondere für Schüler mit einer Lese-Rechtschreibschwäche. Sogenannte alternative Methoden, die vom Training auditiver und/oder visueller Funktionen bis hin zur Davis-Methode reichen, sind hier wenig hilfreich, wie die Arbeiten von Professor Waldemar von Suchodoletz von der Universität München auf eindrucksvolle Weise gezeigt haben.
Dr. Gerd Eisenhofer ist Leiter des Lehrinstituts für Orthographie und Sprachkompetenz (LOS) Schwetzingen (www.LOS-Schwetzingen.de).
LOS Schwetzingen Carl-Benz-Straße 3 68723 Schwetzingen Telefon: 06202/126687 E-Mail: [email protected] www.LOS-Schwetzingen.deKurz URL: https://schwetzingen-lokal.de/?p=11782