OFT: Konzert: Oratorium Paulus von Felix Mendelssohn-Bartholdy
Als zentrales kirchenmusikalisches Ereignis im Kirchenbezirk Südliche Kurpfalz findet am Sonntag, 19.11., um 18 Uhr in der evangelischen Christuskirche Oftersheim die Aufführung des „Paulus“ statt.
Anlässlich des Reformationsjubiläums haben sich das Vokalensemble Schwetzingen und die Kantorei an der Stadtkirche Wiesloch zusammengetan und seit Januar dieses monumentale Werk einstudiert, um es nun mit rund 120 Sängerinnen und Sängern und einem großen Orchester zu Gehör zu bringen.
Mitwirkende sind außerdem die Solisten Angelika Reinhard (Sopran), Astrid Bohm (Alt), Martin Steffan (Tenor) und Stefan Geyer (Bass) und das Heidelberger Kantatenorchester. Die Leitung teilen sich die beiden Kirchenmusikdirektoren Detlev Helmer (Schwetzingen) und Christian Schaefer (Wiesloch).
Die Christuskirche Oftersheim bietet durch ihre gute Akustik und Größe des Altarraums ideale Voraussetzungen für ein so großes Ensemble.
Eintrittskarten zum Preis von EUR 25,- (Schüler und Studenten EUR 10,-) sind im Vorverkauf in Oftersheim in der Bücherecke und im Ev. Pfarramt, in Schwetzingen in der Buchhandlung Kieser und der Bücherinsel und in Wiesloch in der Buchhandlung Dörner sowie an der Abendkasse erhältlich.
Über Felix Mendelssohn Bartholdy:
1831 wurde Felix Mendelssohn Bartholdy durch den Leiter des Frankfurters Cäcilienchores, Johann Nepomuk Schelble, zur Komposition eines Oratoriums angeregt. Er entschied sich, die berühmteste Konversationserzählung der Bibel als Thema zu nehmen: Paulus. Als er dann an Pfingsten 1836 zum 18. Niederrheinischen Musikfest von Leipzig nach Düsseldorf reiste, um dort die Uraufführung zu dirigieren, fand er eine Chorvereinigung mit 356 Sängern und ein (Laien-)Orchester mit 172 Mitgliedern vor. Er war erst 27 Jahre alt und schon eine Berühmtheit. In den 10 Jahren davor hatte er nicht nur den „Sommernachtstraum“ und viele andere Werke komponiert, sondern Tourneen durch Deutschland, England und Schottland absolviert, die Bach’sche Mätthaus-Passion nach 150 Jahren wieder der Öffentlichkeit bekannt gemacht und 1835 die Stelle als Kapellmeister im Gewandhaus Leipzig angetreten. Im November 1835 verstarb sein Vater Abraham, der das Erstlings-Oratorium seines Sohnes sehnsüchtig als „Lösung der Aufgabe der Verbindung altens Sinns mit neuen Mitteln“ erwartete. Der Bankiersvater, der 25 Jahre davor mit seiner Familie vom Judentum zum Christentum konvertiert war und seinen begabten Kindern, vor allem Fanny und Felix, die beste (Privat-)Erziehung durch bedeutende Lehrer hatte zukommen lassen.
Man vermutet, dass Felix, der den reformatorischen Gedanken und Auswirkungen viel abgewinnen konnte und durch Luther-Lieder enorme Inspiration fand, mit zunehmendem Alter darunter litt, ob er sich eigentlich mehr als Christ oder als Jude sah. Paulus wird mit seiner Biographie und seinem Ringen um den rechten Glauben und die zu erringende Gnade und Liebe Gottes bei Mendelssohn mehr als nur Interesse geweckt haben.
Inhaltlich verknüpfte Mendelssohn in dem Werk die Stephanus-Steinigung, die Saulus als junger Mann miterlebte, mit dem berühmten Licht-Erlebnis von Damaskus und mit einzelnen Episoden aus dem späteren Leben des Paulus, dem dann selbst als überzeugter Christus-Bekenner die Steinigung drohte. Im Komponieren, Musizieren und Hören werden Lob, Anfechtung, Wandlung, Zweifel, Drohung, Kampf, Beharrlichkeit, Gnade und Dank erlebbar. Biblische Begebenheiten werden dadurch nicht nur nacherzählt, sondern auch nachempfunden und tragen zur Selbstreflexion bei. Die benutzten Bibeltexte sind Psalmen, die alttestamentlichen Propheten, das Johannes-Evangelium und die Apostelgeschichte. Nach Bach’schem Vorbild baute Mendelssohn reformatorische Choräle ein. Hierbei hat der mehrdeutige Choral „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ eine Sonderstellung. Schon zu Beginn der Ouvertüre erklingt er, der sinnbildlich für den Wechsel von Finsternis zum (neu) aufgehenden Licht, das Warten auf den kommenden Bräutigam (= Christus), den Wechsel des Sterbens zum ewigen Leben und für das himmlische Jerusalem steht. Nach barockem Vorbild der „Turba“-Chöre fallen dem Chor unterschiedliche Funktionen zu: Kommentar, Betrachtung, Deutung und Verkündigung. Die Erzähler-Rolle übernehmen die Solisten Sopran und Tenor, die in ihren Arien zusätzlich Emotionen vertiefen, während die Paulus-Rolle dem Solo-Bass zugeteilt wird.
Durch die von Händel und Bach beeinflusste, aber unverwechselbare Musik, die dramatischen Effekt-Wechsel, die tiefe Religiosität, den überwältigenden Erfolg der Uraufführung und die sich anschließende rasante Verbreitung in Europa und Amerika avancierte das Werk binnen weniger Jahre zum beliebtesten Oratorium des gesamten 19. Jahrhunderts.
Als Mendelssohn Bartholdy 1847 im Alter von nur 38 Jahren starb, galt er als der größte Komponist seiner Zeit. Es folgten Idealisierung und – wie eine unerbittliche Pendelbewegung – Diffamierung: Richard Wagner, der beim ersten Hören das Werk noch überschwänglich gerühmt hatte, verfasste 1850 eine antisemitische Attacke und schädigte damit Mendelssohns Ansehen erheblich. Nicht nur die Wagnerianer griffen dies begierlich auf, sondern später auch die Nazis. Alles Jüdische wurde bekanntlich verboten. Erst in den 60er Jahren des 20 Jh. wurde Mendelssohns Musik in Deutschland nach und nach wieder gespielt und geschätzt. Mittlerweile gilt das Genie wieder als einer der herausragendsten Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts.
Quelle Text/Foto: evangelische Kirchengemeinde Oftersheim
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