Das müssen Sie über private Videoüberwachung wissen

Die aktuellen Zahlen der Kriminalstatistik für Baden-Württemberg verheißen nichts Gutes. Und weil auch die Polizei meist nur nach begangenen Straftaten eingreifen kann und wenig hinsichtlich der Prävention krimineller Delikte unternimmt, versuchen immer mehr Badener und Schwaben, sich selbst zu schützen und greifen beispielsweise zur Videoüberwachung. Doch nicht alles, was dem Schutz von Heim und Hof dient, ist rechtlich erlaubt.

Videoüberwachungskamera an Wand

Videoüberwachung ist ein probates Mittel zum Schutz vor Kriminellen – auch im privaten Bereich. Bildquelle: Ioan Panaite – 664438597 / Shutterstock.com

Die Kriminalstatistik 2016 ist alarmierend. 610.000 Straftaten wurden 2016 in ganz Deutschland registriert. Zwar sind das etwas weniger Delikte als in den Jahren davor, für den Einzelnen bedeuten solche Zahlen aber vor allem eines: Furcht vor Übergriffen und die Angst, selbst Opfer eines Kriminellen zu werden.

Dabei hat man in Baden-Württemberg eigentlich von allen Ortschaften in Deutschland am wenigsten Grund zur Sorge. Denn im südlichen Bundesland werden Jahr für Jahr im Ländervergleich am wenigsten Straftaten registriert. Pro 100.000 Einwohner kommt Baden-Württemberg auf 5.599 Straftaten – das bedeutet den Spitzenplatz in ganz Deutschland. Nirgendwo ist es sicherer.

Und trotzdem: Ausschreitungen wie jüngst in Hamburg beim G-20-Gipfel machen deutlich, dass es nicht immer ausreicht, sich auf die Polizei zu verlassen, auch wenn Fälle wie in Hamburg in Deutschland natürlich die Ausnahme bleiben. Doch auch deswegen versuchen sich Bürger mehr und mehr selbst zu schützen.

Videoüberwachung immer beliebter – aber rechtlich gefährlich

Aus der Kriminalstatistik 2016 ging ebenfalls hervor, dass die Gewalt gegen Polizisten steigt. Über 2.000 Polizeibeamte wurden im letzten Jahr schwer verletzt, was gegenüber den letzten statistischen Erhebungen einer Zunahme von neun Prozent entspricht.

Auch deswegen wurde in Baden-Württemberg das „Pilotprojekt Bodycam“ ins Leben berufen. Sie soll Bürger, vor allem aber die Landesbeamten vor gewalttätigen Übergriffen schützen. Vor eben jenen fürchten sich auch Hausbesitzer, die ebenfalls gerne auf die Videoüberwachung mithilfe von Sicherheitskameras zurückgreifen, um sich, Angehörige sowie den persönlichen Besitz vor Dritten zu schützen. Aufgrund der immer einfacheren Installation und bezahlbarer Preise sollen sich derzeit rund eine Million Videokameras im Privateinsatz befinden.

Bild: Die Zahl der Wohnungseinbrüche ist leicht rückläufig seit 2016. Bildquelle: Bundeskriminalstatistik 2016

Title: Statistik Wohnungseinbrüche

ALT-TAG: Statistik zu Wohnungseinbrüchen 2016

Zwar ist die Zahl der Wohnungseinbrüche insgesamt etwas zurückgegangen, doch die Aufklärungsquote befindet sich noch immer auf einem niedrigen Niveau. 19,2 Prozent aller Wohnungseinbrüche konnten im letzten Jahr aufgeklärt werden, das sind zwei Prozent mehr als das Jahr zuvor, schlussendlich aber noch immer nicht einmal jeder fünfte Fall.

Bild: Nicht einmal jeder fünfte Wohnungseinbruch kann durch die Polizei aufgeklärt werden. Bildquelle: Bundeskriminalstatistik 2016

Title: Statistik Aufklärungsquote Wohnungseinbrüche

ALT-TAG: Statistik über die Aufklärungsquote von Wohnungseinbrüchen

Bei solchen Zahlen wundert es nicht, dass viele Menschen ihre Besitztümer mithilfe privater Videokameras überwachen. Viele erhoffen sich dadurch einen Abschreckungseffekt, sodass Kriminelle gar nicht erst versuchen, in ein Gebäude einzudringen. Andere wiederum möchten im Schadensfalls Beweismaterial zur Hand haben, das sie vor Gericht einbringen können und der Polizei dabei hilft, Delikte aufzuklären. Ganz so einfach ist es mit der Videoüberwachung aber nicht – vor allem aus rechtlicher Sicht.

Private Videoüberwachung: Was darf man, was nicht?

Wer sich die Datenschutzbestimmungen zum Thema Videoüberwachung durchliest, sollte Zeit, Geduld und, wenn möglich, auch juristisches Wissen mitbringen. Denn die verfassungsrechtlichen Grundlagen sowie das EU-Recht sind nicht immer leicht zu verstehen. Doch Unwissenheit schützt bekanntlich nicht vor Strafe. Und wer andere Menschen ohne rechtliche Grundlage filmt, hat unter Umständen mit spürbaren rechtlichen Konsequenzen zu rechnen. Hierzu zählen:

  • Private Klage zur Unterlassung
  • Private Klage auf Schadensersatz und Schmerzensgeld
  • Private Klage auf Löschung der Aufnahmen
  • Bußgeld von staatlicher Seite
  • Staatliche Forderung auf Entfernung der Kamera

Als oberste Grundregel gilt, dass grundsätzlich nur private Grundstücke gefilmt werden dürfen. Wer seine Kamera auf öffentliche Plätze richtet, verstößt gegen geltendes Recht und muss Konsequenzen fürchten – das gilt für das Kaufhaus ebenso wie für Privatpersonen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema private Videoüberwachung sind im Folgenden zusammengefasst:

  • Darf eine Überwachungskamera am eigenen Haus angebracht werden?

Ja, am Privateigentum und auf Privatgrundstücken dürfen Sicherheitskameras eingesetzt werden – sowohl zur Prävention als auch zur etwaigen Sammlung von Beweismaterialien, falls man bereits Opfer einer Straftat wurde und befürchtet, dass der Kriminelle wiederkehrt, beispielsweise bei Graffiti-Sprayern.

 

  • Welche rechtlichen Voraussetzungen gelten bei der privaten Videoüberwachung?

Grundsätzlich muss das allgemeine Persönlichkeitsrecht, in diesem Fall das Recht auf informelle Selbstbestimmung sowie das Recht am eigenen Bild gewahrt werden. Jede Person hat – dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1983 zufolge – das Recht, selbst zu bestimmen, wann und wie Informationen über die eigene Person öffentlich werden. Soll heißen: Wer die private Videoüberwachung einsetzt, darf ausschließlich Privatgelände bzw. -besitz filmen. Bilder von der gemeinsam mit dem Nachbarn genutzten Autoauffahrt, gemeinsame Grenzwege oder der gemeinsame Gartenzaun dürfen ohne Zustimmung des Nachbarn nicht gefilmt werden.

 

  • Dürfen Videokameras im Eingangsbereich von Mehrfamilienhäusern angebracht werden?

Nein, denn auch in diesem Fall wird das Recht auf informelle Selbstbestimmung verletzt. Der Hauseigentümer ist dazu nur berechtigt, wenn er vorab alle Mieter um Zustimmung gebeten hat und diese selbstverständlich auch zustimmten. Hat der Vermieter dies nicht getan, können Mieter die Entfernung der Kamera verlangen.

 

  • Dürfen Videokameras nach der Zustimmung aller Mieter auch Teile eines öffentlichen Weges filmen?

Grundsätzlich ist dies nicht erlaubt, es gibt aber Ausnahmen; und zwar dann, wenn die Interessen des Eigentümers die Interessen des Gefilmten überwiegen. Dies kann beispielsweise in Problembezirken der Fall sein, wenn Eigentümer bereits häufiger Opfer krimineller Straftaten wurden. Dies ist jedoch im Einzelfall zu entscheiden.

 

  • Gelten die Gesetze auch bei Kamera-Attrappen?

Für einige Gerichte schon. Es sind Fälle bekannt, bei denen Eigentümer mithilfe einer Kameraattrappe Kriminelle von einer Straftat abhalten wollten. Die Attrappe war jedoch auf öffentliche Plätze ausgerichtet. Dies ist nicht gestattet, da bereits das Gefühl, überwacht zu werden, bei Dritten eine bestimmte Handlung auslösen kann, auch wenn kein Filmmaterial gesammelt wird. Dies entschied der Bundesgerichtshof.

 

  • Darf Filmmaterial zur Fahndung nach Tätern ins Internet gestellt werden?

Das ist nicht erlaubt. Privataufnahmen vom Grundstück oder der eigenen Person dürfen online gestellt werden, Videobeweise von Straftaten, auf denen Täter zu sehen sind, allerdings nicht. Denn auch Kriminelle haben Rechte. Auch in diesem Fall greift wieder das allgemeine Persönlichkeitsrecht und der Täter könnte Kamerabesitzer verklagen. Filmmaterial sollte deswegen grundsätzlich der Polizei übergeben werden

Kurz URL: https://schwetzingen-lokal.de/?p=16447

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